MEPA – Bericht von Jaqueline Baab – 2017

DIE MITTELEUROPÄISCHE POLIZEIAKADEMIE (MEPA)

EINE TRAININGSSTÄTTE FÜR DIE PRAXIS

MEPA – Was ist das überhaupt?

Kriminalität nimmt längst keine Rücksicht mehr auf Landesgrenzen, weshalb der internationalen Zusammenarbeit ein hoher Stellenwert zukommt. Ein enger Schulterschluss und regelmäßiger intensiver Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen anderer Länder sowie Fortbildungen in diesem Bereich sind unerlässlich, um polizeilich nicht den Anschluss zu verlieren und ins Hintertreffen zu geraten.

Die europäischen Polizeien treten diesen Entwicklungen verstärkt durch internationale, kooperativ gestaltete und organisierte rechtliche und personelle Maßnahmen entgegen. Die Bekämpfung der global operierenden Tätergruppierungen erfordert zunehmend international koordiniertes polizeiliches Handeln, dessen Vorbereitung, Durchführung und Erfolg nur von entsprechend ausgebildeten Polizeibeamtinnen und –beamten gewährleistet werden kann.

Neben dem polizeipraktischen Nutzen im operativen und analytischen Bereich, schafft eine aktive, dauerhafte Fortbildung auch ein gemeinsames Rollenverständnis – eine Berufsphilosophie, die für die Innere Sicherheit aller Staaten Mitteleuropas eine zwingende Voraussetzung zur Schaffung vergleichbarer Lebens- und Sicherheitsverhältnisse ist.

Auf dieser Basis veranstalten und finanzieren folgende Staaten gemeinsam die MEPA:

  • Bundesrepublik Deutschland
  • Republik Österreich
  • Schweizerische Eidgenossenschaft
  • Slowakische Republik
  • Republik Slowenien
  • Tschechische Republik
  • Ungarn

Die MEPA konzipiert und veranstaltet als gemeinsam getragene Bildungsinstitution praxisgerechte und bedarfsorientierte Fortbildungsmaßnahmen.

Ziele und Aufgaben sind die Vermittlung, Erweiterung und Vertiefung der für die Bewältigung grenzüberschreitender/internationaler (grenz-)polizeilicher Aufgaben notwendigen Kenntnisse.

Auch gesellschaftliches, wirtschaftliches und politisches Hintergrundwissen sowie Erfahrungen über die Zusammenhänge verschiedener Erscheinungsformen der grenzüberschreitenden, internationalen und transnationalen Kriminalität (insbesondere Bandenkriminalität, Kriminalität unter Nutzung neuer Technologien, OK, Wirtschafts- und Umweltkriminalität) sind Bestandteil der Fortbildung.

Der Auf-, Ausbau und Erhalt persönlicher Kontakte zur Vertrauensbildung und künftigen Gewähr eines unbürokratischen und raschen Informationsaustauschs – im Rahmen der bestehenden Gesetze und Dienstvorschriften – werden besonders gefördert.


Ausschreibung und Voraussetzungen für den Hauptkurs

Maximal 26 Teilnehmer aus den sieben MEPA-Mitgliedsländern können teilnehmen. Der Hauptkurs wird – zumindest zurzeit noch – in deutscher Sprache durchgeführt und umfasst Stationen an sieben Standorten in den beteiligten MEPA-Mitgliedsländern: neben jeweils einem Standort in Deutschland und Österreich sind Prag (CZ), Bratislava (SK), Ljubljana (SLO), Biel (CH) und Budapest (H) vorgesehen.

In anderen Kursen und Workshops kann die Seminarsprache auch englisch sein.

Der Kurs ist für polizeiliche Praktiker, die mit kriminalpolizeilichen Aufgaben betraut sind, konzipiert. Erwartet werden eine mindestens fünfjährige praktische Diensterfahrung mit kriminalpolizeilichen Aufgaben sowie gewisse Führungserfahrung.

Zentrales Thema ist die Vorbeugung und Bekämpfung von international relevanter Kriminaltät-/ grenzüberschreitende Kriminalität.

Aber genug Information, jetzt geht’s los!

Obwohl es die MEPA bereits seit 1992 gibt und jedes Jahr mehrere Seminare und Workshops zu Themen rund um die internationale polizeiliche Zusammenarbeit, grenzüberschreitende Kriminalität/Schwere und Organisierte Kriminalität durchgeführt werden, ist diese Fortbildungseinrichtung noch nicht flächendeckend bekannt.

Ich finde, das muss sich dringend ändern!

Während des Kurses ist es Aufgabe der Teilnehmer, in Arbeitsgruppen einen Themenkomplex im Rahmen eines Workshops zu bearbeiten. Die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen werden jeweils am Kursende von den Teilnehmern in Budapest einem Gremium präsentiert und außerdem in einer schriftlichen Abschlussarbeit zusammengefasst, die danach allen Kursteilnehmern (auch früheren) in einer Datenshare zur Verfügung gestellt wird.

Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Seminare trägt die MEPA, für Anreise der Teilnehmer an die einzelnen Veranstaltungsorte trägt sie die entsendende Dienststelle.

(Quelle und weiterführende Informationen unter www.mepa.net)

Wie alles begann…

Im November 2016 fand sich die verlockende Mail mit den Ausschreibungsunterlagen für den 25. MEPA-Hauptkurs in meinem Postfach. Als ich mich dann informiert hatte, was die MEPA genau ist und mit Kolleginnen und Kollegen gesprochen hatte, die bereits Kurse dort absolviert hatten, war es schnell klar: die Bewerbung musste raus!

Da sich mehr Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland beworben hatten, als Plätze zur Verfügung standen, fand im Januar ein Auswahlgespräch statt, in dem eine Kommission, bestehend aus Vertretern vom Bundeskriminalamt (BKA) und der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol), die Bewerber kennenlernen wollte und Fragen zur Motivation stellte. Das Gespräch dauerte etwa 20 Minuten.

Bereits am Abend wurde das Ergebnis verkündet: Ich hatte es geschafft! Zusammen mit fünf Kollegen aus dem PP Braunschweig, der PD Chemnitz, des LKA Düsseldorf, des PP Nürnberg und des PP München ging es am 02. April zum ersten Kursstandort nach Mainz-Budenheim. Wir würden sieben Wochen unterwegs sein….

Sieben Wochen, sieben Länder

Ein volles Programm erwartete uns an allen Standorten. Neben Vorträgen zu polizeilichen, politischen und sozialen Systemen der einzelnen Länder, lag der Fokus auf fachlichen Themen wie z.B. Kriminalitätsformen der Schleuserkriminalität, Menschenhandel und Prostitution, Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität, Phishing, Bearbeitung von Sonderlagen.

Daneben wurden verschiedene Fälle und Ermittlungsverfahren vorgestellt, u.a. der Jahrhundertkunstraub von Zürich (Museum „Stiftung Sammlung E.G. Bührle“).

Abgerundet wurden die Vorträge durch regelmäßigen Austausch mit Kollegen in sogenannten „Round Table“-Gesprächen und bei Besuchen verschiedener Dienststellen.

Alle Länder hatten sich wahnsinnig viel Mühe gegeben, uns auch im Rahmenprogramm einiges zu bieten. So bekamen wir überall Stadtführungen, durften einen Rundflug mit einem Polizeihubschrauber über Bratislava genießen, waren bei der slowakischen Spezialeinheit LYNX zu Gast, mit der slowenischen Seepolizei in Piran auf der Adria unterwegs. Und das waren nur die Höhepunkte. Alles aufzuzählen, würde an dieser Stelle zu weit führen.

In jeder Woche wurde außerdem ein nationaler Abend von der jeweiligen Delegation des entsprechenden Standortes ausgerichtet. Dabei wurden köstliche Spezialitäten aus dem Land gereicht, typische Musik gespielt und die Kolleginnen und Kollegen trugen zumindest teilweise auch die jeweilige Landestracht.

Gemeinsam geht’s besser

Parallel zu diesem kulturellen und auch fachlichen Programm bestand die Hauptaufgabe für uns Teilnehmer darin, eine Workshop-Arbeit zum Thema internationale Zusammenarbeit – Joint Investigation Team (JIT), unter Einbeziehung einer operativen Fallstudie im Bereich Wohnungseinbruchsdiebstahl zu bearbeiten. Ziel war hierbei, ein einheitliches Ermittlungskonzept zu entwickeln. Und diese Arbeit sollte am Ende des Kurses, bei der Diplomierung, einem internationalen Publikum präsentiert werden.

Dazu wurden die 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt, die interaktiv zusammenarbeiteten. Eine Gruppe kümmerte sich um die rechtliche/vertragliche Gestaltung, eine um operative/taktische Entscheidungen und eine um die strafprozessualen Möglichkeiten, immer mit Blick auf die Einrichtung eines JITs und Einbeziehung der Unterstützungsmöglichkeiten von Europol und Eurojust.

Die Einrichtung eines JIT erleichtert die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in umfangreichen Verfahren, an denen zwei oder mehrere EU-Mitgliedstaaten sowie andere Länder (z.B. die Schweiz) beteiligt sind. Im Allgemeinen wird der Vertrag vorerst für die Laufzeit eines Jahres festgelegt, eine Verlängerung ist grundsätzlich möglich.

Das ständige Stellen von Rechtshilfeersuchen entfällt, da vertraglich im Vorfeld festgelegt wird, welche Kolleginnen und Kollegen wo tätig werden, welche Maßnahmen wo getroffen werden (können) und wie mit sichergestellten/beschlagnahmten Gegenständen umgegangen wird.

Und es war gar nicht so einfach: 26 Kolleginnen und Kollegen, 26 Ideen, eine solche Arbeit zu verfassen. Dabei bestand das Hauptproblem darin, die vielen guten Vorschläge so zu Papier zu bringen, dass es sich „wie aus einem Guss“ las – und vor allem, was den Umfang betraf – auch noch lesbar war. Vorgegeben waren max. 50 Seiten, herausgekommen sind 113.

Diese 113 Seiten waren es aber wert! Denn wir hatten uns entschieden, alle rechtlichen Unterschiede anzusprechen, mit allen Problemen und auch Möglichkeiten, und diese auch in einer Übersicht so aufzubereiten, dass sie als „Nachschlagewerk“ genutzt werden können – inklusive eines fertig ausgearbeiteten JIT-Vertrags.

Hierbei stellte sich eine ganz besondere Herausforderung. Nämlich die einzelnen Rechtsgrundlagen der Länder Ungarn, Slowenien, Slowakei und Tschechien ins Deutsche zu übersetzen – und zwar so, dass geneigte Leser das auch verstehen können. Eine wörtliche Übersetzung ins Deutsche schied somit schon aus, denn es musste alles so verschriftet werden, dass natürlich der Sinn erhalten bleibt. Aber auch das hat funktioniert.

In vielen Gesprächen und durchaus lebhaften Diskussionen wurden die länderspezifischen Besonderheiten erörtert, Rechtsgrundlagen besprochen, technische, organisatorische und operative Möglichkeiten bewertet und gegeneinander abgewogen. Immer wieder fanden sich auch in der Freizeit Gruppen, die sich intensiv mit dem Thema befassten und ihre Erfahrungen einbrachten.

Das von Anfang an hohe Engagement der Gruppe hielt bis zum Schluss. Die Zusammenarbeit der Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichen Fachbereichen war unglaublich gewinnbringend.

Ein umfangreiches Werk ist entstanden, das in alle MEPA-Sprachen übersetzt und allen Ländern zur Verfügung gestellt wird.

Absolutes Highlight!

Wer war schon als VIP-Gast in eines der schönsten Parlamente Europas eingeladen? Zu einem festlichen Dinner? Ich jedenfalls noch nicht – bis zum 18. Mai 2017.

Da es sich um einen MEPA-Jubiläumskurs handelte – es war das 25. Jubiläum – hatte sich das Land Ungarn eine Besonderheit für die Kursteilnehmer und die Initiatoren sowie die Kursleiter aller Standorte einfallen lassen: Eine Einladung ins ungarische Parlament zu einem festlichen Dinner. Das war in der Tat nicht nur eine traumhafte Kulisse, sondern insgesamt ein unvergesslicher Abend. Ich würde gerne mehr dazu schreiben aber mir fehlen immer noch die Worte.

Wir wurden von einer Polizeieskorte (Kräder und Begleitfahrzeuge) mit Sondersignalen durch den Budapester Verkehr zum Parlament gebracht. Unglaublich!

Am nächsten Tag ging es gleich weiter, denn unsere Abschlusspräsentation und die Diplomierung fanden im ungarischen Innenministerium statt. Auch das in einem sehr festlichen Rahmen mit vielen bewegenden Momenten. Mit diesem Event wurden wir dann auch verabschiedet und es ging im Anschluss direkt zum Flughafen. Leider! Die sieben Wochen waren dann doch wie im Fluge vergangen.

So viele Eindrücke – so viel erlebt

Mein persönliches Fazit war, dass dieser MEPA-Hauptkurs das Beste war, was ich bisher bei der Polizei erleben durfte. Sieben intensive Wochen. Wir sind als 26 Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer gestartet und so zusammengewachsen, dass ich genau weiß – egal wen ich jetzt anrufen würde, wenn ich eine Frage oder ein Problem hätte – jeder würde alles daran setzen mir weiterzuhelfen. Es sind Kontakte und Freundschaften entstanden, an deren Erhalt ich keinen Zweifel habe!

Und genau das ist Gedanke der MEPA. In einer Welt der Globalisierung, in der grenzüberschreitende Kriminalität zum Hauptthema wird und einzelne, regional agierende Täter zwar noch vorhanden sind aber in den Hintergrund rücken, muss auch die Polizei zusammenrücken – über Grenzen hinaus.

Fortbildungsveranstaltungen wie der MEPA-Hauptkurs tragen ein großes Stück dazu bei, dass wir es heutigen Tätern mindestens schwerer machen und ein Zeichen setzen können. Es beeindruckt nicht nur Straftäter, sondern auch die Bevölkerung, wenn z.B. ungarische Kollegen in Deutschland bei Durchsuchungen dabei sind, slowenische und Schweizer Kollegen gemeinsam Festnahmen tätigen, österreichische und slowakische Kollegen gemeinsam operative Maßnahmen durchführen.

Und das wird nicht die Ausnahme sein!

Jaqueline Baab

Hier noch ein paar Bilder dazu:

Seminarraum
Polizeiakademie Bratislava / Slowakei
Vortrag in der Polizeiakademie in Prag / Tschechische Republik
Round-Table Gespräche im Bundeskriminalamt Wien / Österreich
Internationale Akademie für die Fortbildung von Strafverfolgungsbehörden in Budapest / Ungarn

Text und Fotos: Jaqueline Baab, 2017
Hessisches Landeskriminalamt, Abt. 4

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